Die Tarifrunde 2021 wird beherrscht von mehreren großen Herausforderungen, denen die M+E-Industrie gegenübersteht. Worauf kommt es jetzt an?
Arndt G. Kirchhoff: Viele Unternehmen schreiben rezessionsbedingt schon seit zwei Jahren rote Zahlen, müssen aber zugleich einen enormen Strukturwandel bewältigen. Dafür brauchen sie Geld für Zukunftsinvestitionen. Und die Auswirkungen der Pandemie bürden ihnen zusätzliche Lasten auf. Wir erleben auch große Unsicherheit darüber, wie die Entwicklung in unseren relevanten Märkten in Europa und in den USA weitergeht. Deshalb ist es jetzt ganz wichtig, dass die Betriebe von weiteren tariflichen Kostenbelastungen verschont bleiben und nicht überfordert werden. Es muss gemeinsames Ziel sein, so viele Beschäftigte wie eben möglich an Bord zu halten.
Die wirtschaftliche Lage in der M+E-Industrie ist sehr angespannt. Gilt das für alle Unternehmen?
Kirchhoff: Es gibt Unternehmen, die bisher gut durch die Krise kommen, und andere, die in ernsthaften Schwierigkeiten stecken. Das sind aber deutlich mehr als sonst. In NRW haben uns Ende Oktober 60 Prozent der Betriebe gemeldet, dass sie Kurzarbeit fahren und damit auch im nächsten Halbjahr planen. Deshalb kann die tarifpolitische Antwort nur lauten, den kostenschonenden Kurs vom März 2020 fortzusetzen. Insofern ist auch das Forderungsvolumen der IG Metall von vier Prozent unverständlich. Für Unternehmen, die seit März massiv Eigenkapital zur Beschäftigungssicherung eingesetzt haben, wirkt das völlig an der Wirklichkeit vorbei.
Was heißt das für die Tarifrunde?
Kirchhoff: Es ist jetzt jedenfalls nicht die Zeit für konfliktbeladene Auseinandersetzungen. Wir brauchen jetzt tarifliche Lösungen, die der schwierigen Gesamtsituation und gleichzeitig der unterschiedlichen Lage in den Unternehmen gerecht werden. Ich setze auf sozialpartnerschaftliche Verhandlungen mit der IG Metall, die im Geist der Tarifrunde 2020 geführt werden. Das würde auch die Akzeptanz des Flächentarifs stärken.
Das Interview erschien am Anfang Dezember in der NRW-Ausgabe der M+E-Zeitung 02/2020.